Europäische Autofahrer steigen zunehmend auf Elektroautos um, doch die Verkaufszahlen von Tesla auf dem Kontinent kommen nicht vom Fleck. Das liegt vor allem am CEO Elon Musk. Teslas europäische Verkäufe sind im ersten Quartal 2025 stark eingebrochen; im Februar lagen sie 44 % unter dem Vorjahreswert. Es ist kein Zufall, dass dieser Einbruch mit Musks prominenter Rolle in der Trump-Regierung und seiner wachsenden Präsenz als mächtige, aber umstrittene politische Figur am rechten Rand zusammenfällt.
Die EU bewegt sich Richtung Elektromobilität, Tesla kommt ins Stocken
Tesla-Fahrzeuge sollten sich eigentlich hervorragend verkaufen. Stattdessen macht die Firma mit ihren Autos dramatische Verluste. Laut dem Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) stiegen die Verkäufe von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) in der EU im Januar 2025 um 34 % und im Februar um 24 % gegenüber dem Vorjahr. Die Nachfrage verteilt sich über viele Länder; Italien (+126 %), Dänemark (+123 %) und Norwegen (+90 %) führten im Februar die Liste an. Die Nachfrage nach Elektroautos ist also vorhanden und wächst weiterhin.
Europa: Autofahrer wenden sich von Tesla ab
Das Interesse an Tesla-Modellen sinkt trotz des wachsenden E-Auto-Markts weiterhin. Die Verkaufszahlen für den März zeigen einen europaweiten Rückgang: In Dänemark, der Schweiz, Schweden und den Niederlanden fielen die Verkaufszahlen um mehr als 50 Prozent. Nur Italien und Spanien konnten Zuwächse verzeichnen.
Konkurrierende Hersteller profitieren vom Musk-Boykott
Teslas Rückgang im Februar fiel mit einem deutlichen Wachstum vieler Wettbewerber zusammen. Während Teslas Verkäufe dramatisch einbrachen, verbuchten Konkurrenten wie Renault, Ford, Citroën und Volkswagen starke Zuwächse. Volkswagen, Renault und Ford beispielsweise konnten die Zahl ihrer im Februar registrierten Elektrofahrzeuge mehr als verdoppeln. Selbst Marken wie BYD und Kia verzeichneten ein bemerkenswertes Wachstum. Ein Teil dieser Zuwächse startete zwar von einem niedrigeren Niveau – Tesla machte 12 % aller EV-Zulassungen in der EU aus, während die fünf nächst größten Marken – Volkswagen, Renault, Ford, Citroën und BYD – zusammen auf 39 % kamen – doch der grundlegende Trend ist klar: Tesla war einst die erste Wahl für Fahrer, die auf E-Autos umsteigen. Diese Vormachtstellung hat das Unternehmen eindeutig eingebüßt. Die Konkurrenz profitiert davon.
Teslas Dominanz in wichtigen Märkten schwindet
Angesichts der anhaltenden Nachfrage und des Eintritts weiterer Marken in den E-Automarkt verliert Tesla rapide Marktanteile in Ländern, die es jahrelang dominiert hat. Im Februar büßte das Unternehmen in Italien, Portugal, der Schweiz und Österreich mehr als 20 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr ein. Im März ging es weiter bergab: In der Schweiz, Schweden und den Niederlanden sank der Marktanteil um mehr als 15 Prozentpunkte.
Teslas Verluste sind besonders in fortschrittlichen Ländern mit hoher E-Auto-Durchdringung erheblich. Das könnte daran liegen, dass die Marke von genau den Verbrauchern aktiv abgelehnt wird, die die Energiewende in Europa vorantreiben.
Musk und MAGA machen Tesla nicht „great again”
In ganz Europa wird Elon Musks politische Ausrichtung zunehmend zur Belastung für seine Geschäftsinteressen. Die Tesla-Aktie stürzt ab und Investoren fordern seinen Rücktritt.
Einst als Pionier der sauberen Mobilität gefeiert, sorgt sein wachsendes politisches Profil immer häufiger für öffentliche Kritik. Dies spiegelt sich vermehrt im Konsumentenverhalten und Teslas Performance in Europa wider.
Innerhalb weniger Monate hat sich Musk mit extremistischen Parteien in Deutschland solidarisiert und Konflikte mit den Regierungen der Ukraine und Südafrikas provoziert. In seiner Rolle als Leiter der Behörde für Regierungseffizienz (DOGE) unter Präsident Trump geriet er massiv in die Schlagzeilen, nachdem er Massenentlassungen und drastische Kürzungen bei US-Regierungsbehörden veranlasst hatte. Datenschutzexperten schlugen Alarm wegen seines Zugriffs auf sensible persönliche Daten, und im ganzen Land kam es zu Massenprotesten.
Unterdessen wurde seine Social-Media-Plattform X genutzt, um im Rahmen der Wahlen Fehlinformationen zu verbreiten und parteipolitische Kulturkämpfe zu verstärken. Die Menschen in Europa machen ihre Ablehnung deutlich: In einer YouGov-Umfrage vom Januar 2025 bezeichnete eine starke Mehrheit sowohl in Deutschland (73 %) als auch im Vereinigten Königreich (69 %) Musks politische Einmischungen als „inakzeptabel“. Ähnliche Mehrheiten in beiden Ländern gaben an, er habe wenig oder kein Verständnis ihrer nationalen politischen Belange.
„Je mehr Musk twittert, desto mehr Teslas bleiben auf dem Hof stehen“, sagte ein niederländischer Autohändler gegenüber Politico EU – ein Zitat, das die wachsende Frustration der Händler über die Ausrichtung der Marke verdeutlicht. Dieser Imageschaden trägt auch zur Verunsicherung institutioneller Akteure bei. ESG-Fonds und europäische institutionelle Investoren ziehen sich zurück und verweisen auf Reputations- und Governance-Bedenken. Ebenso reduzierte der ehemalige Großaktionär Baillie Gifford seine Tesla-Beteiligung 2024 drastisch. Er nannte „geschäftsfremde Ablenkungen“ als einen Faktor.
Auch Zölle, Protektionismus und EU-Regulierungsbehörden nehmen Tesla ins Visier
Teslas Probleme in Europa gehen über die Verbraucherwahrnehmung und stagnierende Verkäufe hinaus. Das Unternehmen befindet sich nun im Kreuzfeuer des zunehmenden EU-Protektionismus und der EU-Regulierungsbehörden – ganz zu schweigen vom finanziellen Druck durch US-Importzölle.
Tesla ist tief in die anhaltenden EU-China-Spannungen verstrickt
Tesla mag eine amerikanische Ikone der Elektromobilität sein, ist aber zunehmend von chinesischen Herstellern abhängig. Viele der in Europa verkauften Fahrzeuge – insbesondere das Model 3 – werden in Shanghai produziert. Das wird nun zur Schwachstelle. 2023 leitete die Europäische Kommission eine Antisubventionsuntersuchung gegen in China hergestellte Elektrofahrzeuge ein, bei der auch Tesla namentlich genannt wurde.
Das Ergebnis der Untersuchung könnte für Tesla teuer werden und dazu führen, dass die in China gefertigten Modelle ihren Preisvorteil verlieren. Dieser potenzielle finanzielle Schlag kommt zu einer Zeit, in der europäische Autohersteller wie Renault, Peugeot und Volkswagen – die alle lokal produzieren – an Boden gewinnen.
Musks politisches Risiko wächst und könnte Tesla mitreißen
Es gibt noch einen weiteren Risikofaktor, der mit Elon Musks Social-Media-Plattform X zusammenhängt. In den letzten zwölf Monaten hat die Europäische Union ihre Kontrolle über die Plattform im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act) verschärft. EU-Beamte haben wegen des Versäumnisses von X, Falschinformationen und extremistische Inhalte einzudämmen, mit möglichen Sanktionen gedroht. Wenn der regulatorische Druck steigt, könnte Tesla die Auswirkungen zu spüren bekommen, da öffentliche Institutionen und Investoren das Unternehmen zunehmend als Teil eines größeren Risikoprofils der „Marke Musk“ betrachten. Anders gesagt: Teslas politische Herausforderungen in Europa betreffen nicht nur den Produktionsstandort seiner Autos, sondern auch die Aktivitäten von Musks anderen Unternehmen.
Mehr als eine Absatzkrise
Während der europäische Markt für Elektrofahrzeuge stetig wächst und Autofahrer auf dem gesamten Kontinent zunehmend auf Stromer setzen, verliert Tesla Marktanteile, öffentliches Vertrauen und institutionelle Unterstützung. Anders als bei traditionellen Rückschlägen durch Wettbewerb oder Produktzyklen scheinen die Ursachen diesmal tiefer zu liegen: in der Führung, der Identität und der Politik des Unternehmens. In einem Markt, in dem das Markenimage ebenso wichtig ist wie die Leistung, könnte Teslas größtes Problem eines sein, das sich nicht einfach durch Design lösen lässt.