Steuern und regeln

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Steuergeräte
Das geht auch auf dem Couchtisch

Heute widmen wir uns mal einem fachlich heiklen Thema, bei dem es auf gute Vorbereitung und Fingerspitzengefühl ankommt: Das Instandsetzen der Steuergeräte mit überschaubaren, bekannten Fehlern in Heimarbeit. Let’s go!

Vorsorge:

Wir sind uns hoffentlich einig: Selbst durchgeführte Arbeiten am Auto sollten nur erfolgen, wenn man weiß, was man tut. Wenn ihr euch nicht sicher seid, lasst eure Elektronik lieber von einem Spezialisten reparieren. Die hier gezeigten Arbeiten sind einfache Handgriffe an einem simpel aufgebauten Steuergerät, trotzdem können Fehler zu Kurzschlüssen, Ausfall der Elektronik und einer Havarie des Fahrzeugs führen. Grundkenntnisse beim Löten und ein grundsätzliches Verständnis elektronischer Bauteile sind hilfreich.

Steuergerät
Hier verstecken sich ECU und Hydractiv Steuergerät

Steuergeräte ersetzen mechanische Regler

Steuergeräte sind in modernen Autos nicht mehr wegzudenken, egal ob man das mag oder nicht. Sie ersetzen seit den 80er Jahren nach und nach mechanische oder elektromechanische Schalter wie z.B.  Relais und bündeln komplizierte, mechanische Regeleinrichtungen oder Messwertgeber in kleinen, kompakten Bauteilen. Anfänglich ersetzten sogenannte Transistorzündungen die alte, mechanische Zündung, bei der im Verteiler ein sich drehender, mechanisch mit dem Motor verbundener Finger die Hochspannung der Zündspule auf die vier, sechs oder acht Kontakte der Verteilerkappe abgab, die über Kabel mit den Zündkerzen verbunden waren. Dieses System war anfällig für Verschleiß, große Toleranzen und starke Temperaturschwankungen sowie Feuchtigkeit. Ältere Zeitgenossen werden sich erinnern.

Steuergeräte
Klick, klack und raus damit

Bei einer Transistorzündung übernimmt ein elektrisch gesteuerter Schalter, ein Leistungstransistor, die Funktion des Verteilers. Legt man an einen seiner Pole eine Spannung an, schaltet er rein elektrisch die Hochspannung für die jeweilige Zündkerze durch. Das passiert verschleißfrei, ohne mechanische Zeitverzögerung und energetisch viel effizienter. Andere Steuergeräte sammeln Daten von Fühlern und regeln entsprechend zum Beispiel das Motormanagement, die Schaltvorgänge des Automatikgetriebes oder auch nur die Wärmeverteilung im Innenraum. Sind diese Geräte noch geschraubt und ihre Platine nicht in Kunstharz eingegossen, kann man hier durchaus etwas reparieren.

Werkzeug
Beim Löten sollte man auf hochwertiges Werkzeug achten

Was brauchen wir für die Arbeiten?

Grundvoraussetzung für einfache Arbeiten an der KFZ Elektrik ist das Wissen um das, was man tut 😊 Außerdem brauchen wir eine Lötstation mit Zubehör, Platinenlack, feine Zangen zum Kneifen und Greifen und einen Bitkasten mit verschiedenen Torx und Kreuzschlitzaufsätzen in kleinen Größen. Darüber hinaus gibt es für jedes Fahrzeug im Netz Foren, in denen Fehlerbeschreibungen besprochen und Lösungen angeboten werden. Das gilt auch für einfach aufgebaute Steuergeräte, die bei jedem Modell im Alter oft die gleichen Fehler haben. Wenn also schon jemand das erfolgreich repariert hat, wird es eine Bauteilliste geben, vielleicht sogar eine kleine Anleitung worauf man speziell in diesem Fall achten sollte.

Steuergeräte
Oft klebt die Dichtung dann noch fest

Dioden, Kondensatoren und Transistoren

Zunächst muss das betroffene Steuergerät aus dem Fahrzeug ausgebaut werden. Vorsicht, auch hier gibt es Baugruppen, die es gar nicht mögen, aus einem Stromkreis entfernt zu werden. Einige Motorsteuergeräte müssen nach ihrem Einbau erst wieder „angelernt“ werden. Die ersten Bilder bis hier zeigen den Ausbau des Hydractivrechners aus dem Motorraum eines 1999er Citroën XM. Die Metallbox mit den beiden dicken Kabelanschlüssen regelt elektronisch die Härte des verstellbaren Fahrwerks, seine Höhe und sein Reagieren auf die Beschaffenheit des Untergrunds. Ein typischer Defekt sind hier alternde Elektrolytkondensatoren (sogenannte ElKos), deren zwei Pole im Inneren mit einer nicht leitfähigen Flüssigkeit getrennt sind. Wenn die nach Jahren ausgetrocknet ist, entstehen Kurzschlüsse, die auch weitere Bauteile mit in den Tod reißen können.

Steuergeräte
Gleich liegt alles frei

Diskret aufgebaut

Dieses Hydractiv Steuergerät lässt sich mit ein paar Schrauben zerlegen und die Platine freilegen. Mein Auto fuhr sich zuletzt sehr „hart“ (das ist sehr untypisch für einen alten Citroën), was auf defekte Dioden in den Härteregelventilen hindeutet. Diese lassen sich im Steuergerät „nachrüsten“, in dem Zusammenhang werden vorsorglich gleich zwei dieser ElKos ersetzt (denn die sterben früher oder später immer). Die seligen Steuergeräte aus den 90ern sind noch weitestgehend „diskret“ aufgebaut, also mit nachvollziehbaren Leiterbahnen und aufgelöteten Bauteilen. Hier arbeiten nur wenige Integrierte Schaltkreise (ICs), je neuer desto mehr. Wenn die durch Wärme oder Überspannungen kaputt gehen, ist Ersatz schwer zu beschaffen. Die Hersteller lassen sich meistens nicht in die Karten gucken, so dass es kaum vergleichbare Universal-ICs geben wird.

Basteln
Kürzen, knicken, einlöten

Löten kann man lernen

Lötarbeiten, auch einfache, solltet ihr nur durchführen wenn ihr das einmal gelernt habt. Oder ihr bringt es euch an einem alten Bauteil bei. Wichtig ist hier vor allem das gleichmäßige Erhitzen des Bauteils und des Kontakts. Wenn das Metall zu kalt ist, verbinden sich Lötzinn und Material nicht und mal „klebt“ oder „popelt“ die Teile nur oberflächlich zusammen. Solche Verbindungen leiten den elektrischen Strom nur ungenügend und werden heiß.

Steuergerät
Nicht einatmen, das ist ungesund

Wir haben jetzt die zwei Elektrolytkondensatoren gegen neue ersetzt (das sind die kleinen, aufrecht stehenden Zylinder) und mit Harz gegen Vibrationen gesichert. Die beiden Shottky-Dioden sind die kleinen grauen Tönnchen mit den langen Drahtbeinen. Ihr Job ist, Strom nur in eine Richtung durchzulassen und/oder extrem schnelle Schaltvorgänge weiterzugeben. Solche Bauteile bekommt man – wenn es sowas noch in eurer Stadt gibt – im Elektronikfachhandel. Oder im Netz, hier sollte man vor allem seltene Bauteile bei namhaften Versendern bestellen. Es ist viel Fake-Mist aus Fernost unterwegs. Sitzt alles an seinem Platz? Dann etwas Platinenlack zur Konservierung – und wir können den Kasten wieder zusammenbauen.

Die Dichtung
Die Dichtung muss erneuert werden

Nachsorge

Steuergeräte, vor allem die im Motorraum, sind Wind und Wetter und Temperaturschwankungen ausgesetzt. Feuchtigkeit ist der Killer der Elektronik, deshalb muss vor dem Zusammenbau die oft verhärtete Dichtung zwischen den Gehäusehälften entweder erneuert oder durch eine entsprechende Dichtmasse ergänzt werden. Wenn alles soweit zusammengebaut ist wird der Metallkasten wieder eingebaut und verkabelt. Ein erster vorsichtiger Versuch auf dem Hof – Motor starten – keine Warnlampen? Nein. Dann eine umsichtige Probefahrt. In meinem Fall war die Reparatur sehr erfolgreich, der Franzose gleitet wieder wie der sprichwörtliche fliegende Teppich!

Auto
Da schwebt er wieder

Seht diese Anleitung als Inspiration, auch solche Arbeiten einmal selbst anzugehen. Das ist sauberer als Radlager wechseln und man kann es im warmen Wohnzimmer machen. Und das Gefühl, dass die böse böse Elektronik nicht in allen Teilen irreparabel ist macht doch auch Spaß.
Allzeit gute Fahrt!


Autor: Jens Tanz – Sandmann