Schieflage im Wischbereich

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Sandmann
Da soll der aber nicht wischen!

Draußen ist es nass und kalt, dunkel und ungemütlich. Die Scheibenwischer eures Autos wischen irgendwie… nicht nur auf der Scheibe, sondern auch daneben und darunter? Das gucken wir uns heute einmal an.

Vorsorge:

Wir sind uns hoffentlich einig: Selbst durchgeführte Arbeiten am Auto sollten nur erfolgen, wenn man weiß, was man tut. Wenn ihr euch nicht sicher seid, lasst euer Fahrzeug lieber von einer Fachwerkstatt warten. Schraubereien am Scheibenwischergestänge ziehen zwar keine Gefahr oder Liegenbleiben nach sich – bei der Demontage von Kunststoffteilen kann aber einiges zerbrechen. Und wenn Wischer nicht richtig ausgerichtet sind, kann die Sicht eingeschränkt werden oder die Windschutzscheibe zerkratzen.

Wischerblätter
Auch unten soll alles passen.

Freie Sicht nach vorn

Scheibenwischer, also eine Vorrichtung, die Wasser und Schmutz von der Frontscheibe eines sich vorwärts bewegenden Fahrzeugs entfernt, gibt es seit rund 120 Jahren. Anfangs waren die Wischerblätter aus Gummi noch von Hand betrieben, die Fahrzeuge waren im Vergleich zu heute nicht sehr schnell und andere Verkehrsteilnehmer waren entweder Pferdekutschen oder Fußgänger. Es war schon ein Privileg, nicht im Regen sitzen zu müssen. Das mit dem Wasser auf der Scheibe schien eher sekundär problematisch zu sein.

Wischerblätter
Alle Schrauben gut versteckt.

Heute sind Millionen von Fahrzeugen auf den Straßen der Welt unterwegs, und fast jeder Kleinwagen kann inzwischen an der 200km/h Marke kratzen. Das erfordert eine gute Sicht nach vorn. Seit etwa 100 Jahren werden Elektromotoren als Antrieb für Wischerblätter genutzt, aber noch bis in die 60er Jahre wurden Wischergestänge bei einigen Herstellern aus Kostengründen über eine Kupplung von der Nockenwelle des Motors oder der Tachowelle mit angetrieben.

Scheibenwischer
Vorsicht, Kunststoff bricht leicht.

Viele Stangen und Gelenke

Am Wischergestänge heutiger Fahrzeuge dreht bei Betätigung fast immer ein Elektromotor, der über ein Gestänge und Gelenke meistens zwei, manchmal aber auch einen oder gar drei Wischerblätter auf ihren Weg über die Frontscheibe schickt. Die Anordnung der Gestänge ist vor der Frontscheibe verankert und meistens unsichtbar mit einer Abdeckung versehen.

Scheibenwischer
Wer reparieren will, muss abbauen.

Im Laufe der Jahre verschleißt nicht nur das Gummi der Wischerblätter und muss regelmäßig ausgetauscht werden – auch die Wischerarme selbst können durch mechanische Belastung und Verschleiß in den Lagern ihre Position verändern. Dann flutscht so ein Wischer gern einmal über den Rand der Scheibe hinaus oder klackert unten auf das Metall der Motorhaube. Das soll ja so nicht sein.

Wischblatt
Überall wird festgehalten.

Was brauchen wir für die Arbeiten?

Die meisten Wischerarme stecken auf einer fein verzahnten, am Fahrzeug fixierten Halterung auf dem Gestänge und können mit einem 11er, 13er oder 15er Ringschlüssel von dieser abgebaut werden. Die größere Herausforderung sind die Verkleidungen aus Kunststoff oder Metall, die entweder abgeschraubt oder abgeklippst werden müssen. Aber auch hierfür genügt ein normaler Werkzeugkasten, in meinem Fall noch ein 20er Torx und ein 25er Torx.

Wischerblätter
Da steckt der Kandidat.

Alles schön verpackt

Ein modernes Fahrzeug (meins zähle ich mal nicht dazu, aber die Verkleidungen sind ähnlich) will von außen möglichst schön und ebenmäßig aussehen. Deshalb werden mechanische Teile, Gelenke und Gestänge oder gar Schrauben und Muttern unter lackierten Verkleidungen verborgen. Wie man diese entfernt, um an die richtigen Schrauben heranzukommen, müsstet ihr speziell für euer Modell nachschauen. Vorsicht: Kunststoff kann leicht brechen, je kälter es draußen ist desto größer die Bruchgefahr. Bei meinem Franzosen müssen zunächst zwei nur geklippste Seitenteile abgezogen werden, damit die seitliche Verschraubung des „Windleitbleches“ frei liegt, also dem Teil, was über die ganze Fahrzeugbreite zwischen Motorhaube und Windschutzscheibe angebracht ist. Darunter befinden sich die Schrauben und Muttern der Wischerarme.

Scheibenwischer
Alles ab? Dann ist’s einfach.

Profan, aber gut versteckt

Hat man gewaltfrei wirklich alle Schrauben und gummigelagerten Halterungen gelöst, lässt sich das Bauteil herausheben und gibt die Sicht auf das Wischergestänge frei. In meinem Fall hat sich der Wischer der Fahrerseite über die Jahre so weit verzogen, dass er über den Rand der Scheibe hinaus gewischt hat. Das a) klingt beim Wischen ungesund, b) verschenkt im Sichtbereich ein Stück saubere Scheibe und c) sorgt für erhöhten Verschleiß, weil das Wischerblatt nicht nur über das glatte Glas wischt, sondern auch über die seitliche Dichtung und die Zierleisten.

Wischerarm
Nun ist der Wischerarm gelöst.

Der Wischerarm wird also mit einer passenden Stecknuss auf seiner Achse gelöst und vorsichtig, aber bestimmt gegen den Federdruck (der ihn selbst auf die Scheibe presst) abgezogen. Und um ein kleines Stück in die richtige Richtung verdreht – in meinem Fall zur Fahrzeugmitte hin, gegen den Uhrzeigersinn – wieder aufgesetzt. Das war’s schon. Kein Hexenwerk und fast schon mit einem Schweizer Taschenmesser zu fixen, aber der Effekt ist ungleich größer. Bevor man nun alles Abgebaute wieder anbaut empfiehlt sich ein kurzer Test bei eingeschalteter Zündung. Wischt der Arm nun wieder da, wo er soll? Wenn nicht – noch einmal korrigieren.

Scheibenwischer
Etwas säubern, etwas Fett.

Nachsorge

Wenn schon einmal alles zerlegt ist, schadet es sicherlich nicht, ein wenig Fett auf die Gelenke des Gestänges zu geben. Außerdem können die Wischergummis nun einmal richtig gereinigt oder auch gegen neue ausgetauscht werden. Wenn alles passt und flutscht, schraubt und klippst man die Verkleidungen wieder an und freut sich, wenn nichts übrig bleibt 😊 Nun kann der nächste Regen kommen, ohne dass es auf der Scheibe quietscht, klackert oder rumpelt.

Wischerblätter
Nun passt’s. Der Regen kann kommen.

Allzeit gute Fahrt und freie Sicht!


Autor: Jens Tanz – Sandmann